Folge der Proteste in Tunesien: Flüchtlings-Krise in Italien

Folge der Proteste in Tunesien: Flüchtlings-Krise in Italien
Flüchtlinge aus Tunesien hoffen auf Hilfe – Italien ruft den Notstand aus und fordert europäische Polizeieinheiten an – PRO ASYL: Bootsflüchtlinge menschenwürdig aufnehmen – Wege für die Migration eröffnen
Rom / Italien. 15. Feburar 2010. (and). Die Flüchtlinge aus Tunesien, die nach Italien strömen hoffen auf Hilfe. Bis zu 1500 US Dollar zahlen die Menschen für eine Überfahrt von Tunesien zur italienischen Insel Lampedusa. Die kleine Insel ist mit bis zu 8000 Menschen, die aus Gründen möglicher politischer Verfolgung und wegen wirtschaftlicher Perspektive-Losigkeit aus Tunesien fliehen, hoffnungslos überfordert. Die Regierung Italiens hat jetzt den Notstand ausgerufen und europäische Polizei-Einheiten angefordert. Die ersten Berichte sind erschütternd. Mehrere Flüchtlinge seien beim Versuch aus Tunesien zu fliehen ertrunken, nach einem Zusammenstoss mit einem Boot der Küstenwache von Tunesien. Nicht näher bekannt ist zur Zeit, weshalb die Regierung nicht die Hilfe für humanitäre Hilfe-Organisationen, wie dem Internationalen Roten Kreuz anfordert, um der Vielzahl von nahezu 8000 Menschen zu helfen.

Angesichts mehrerer tausend Flüchtlinge aus Tunesien auf der italienischen Insel Lampedusa fordert PRO ASYL: Die Bootsflüchtlinge müssen mit europäischer Unterstützung menschenwürdig aufgenommen werden. Vor dem Hintergrund der prekären Sicherheitslage müssen Asylanträge sorgfältig geprüft werden. Zur Unterstützung des Demokratisierungsprozesses sollten Wege der regulären Migration eröffnet werden.
„Die Europäische Union hat nunmehr die Chance, sich auf die Seite der Demokratiebewegung in Nordafrika und der Menschenrechte zu stellen, nachdem man jahrelang korrupte Diktatoren in Tunesien, Ägypten und anderswo bei der menschenverachtenden Flüchtlingsabwehr im Mittelmeer hofiert hat“, so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL. „Europa darf diese verhängnisvolle und bornierte Politik gegenüber Flüchtlingen und Migranten nicht fortsetzen“.
Die Sicherheitssituation in Tunesien ist weiterhin unübersichtlich. Am Wochenende wurde über Schießereien um den Präsidentenpalast und die Nationalbank berichtet. Wer faktisch die Macht wo im Lande hat, wird sich erst noch herausstellen. In dieser fortdauernden Situation der Unsicherheit verbietet es sich, Tunesier, die ihre Heimat verlassen, ohne Prüfung abzuschieben.
Die revolutionären Umwälzungen in Nordafrika erinnern zumindest teilweise an den Fall des „Eisernen Vorhangs“ 1989. Viele Menschen aus Osteuropa haben damals die neu gewonnene Freiheit genutzt, um den schwierigen Verhältnissen in ihren Ländern zu entgehen. Letztendlich aber blieben die Zahlen der Migranten und Flüchtlinge aus der Region weit hinter den prognostizierten Millionenzahlen zurück.
Italien benötigt zwar Unterstützung. Gründe für die aktuelle Notstandsrhetorik der Regierung Berlusconi gibt es aber nicht. Nachdem man über Jahre hinweg mit der gestürzten tunesischen Regierung Ben Ali Abschiebungshaftanstalten in Tunesien gebaut hat und das Regime zur Grenzabschottung ausgerüstet und ermuntert hat, werden die Forderungen des rechtspopulistischen Innenministers Maroni nach dem Einsatz italienischer Polizisten oder einer neuen FRONTEX-Mission in Tunesien verständlicherweise als Affront empfunden. Der Sprecher der Übergangsregierung in Tunis, Taïeb Baccouche, hat dies bereits klargestellt und den Vorschlag verortet: Er komme von einem Minister der italienischen rassistischen extremen Rechten.
Aus Sicht von PRO ASYL muss die Forderung nach einem Regimewechsel und Demokratisierung in der Region einhergehen mit der grundlegenden Überarbeitung der europäischen Kooperationspolitik mit nordafrikanischen Transitstaaten. Tunesien braucht jede erdenkliche Hilfe der EU bei dem schwierigen Übergangsprozess zur Demokratie. Dazu gehört neben Nothilfemaßnahmen auch das Angebot regulärer Migrationsprogramme.

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